

Das puzzle
Die große breite Eichentür quietschte und stöhnte in ihren
Angeln, als sich Markus mit aller Kraft dagegen stemmte. Doch plötzlich gab sie mit
einem Mal nach, als wenn sie nach all den langen Jahren, die sie nun geschlossen war,
ihrem neuen Besucher eine Freude machen wollte. Markus machte einen Satz nach vorn und
fiel auf die großen kalten Fliesen. Er fluchte.
Als er sich wieder aufgerappelt hatte, ließ er seinen Blick durch die große Halle
schweifen, die den Hauptteil des alten Hauses zu bilden schien. Währenddessen
erhellten sich seine Gesichtszüge wieder. Ja, das war also die Wiege seines Lebens,
die Heimat seiner Kindheit. Hier war er aufgewachsen. Friedlich und wohlbehütet.
Erinnerungen wurden in ihm wach. Er dachte an die unzähligen Augenblicke, in denen er
mit seinem Vater durch diesen Riesenraum getollt war. Und im nächsten Augenblick
wurden seine Augen feucht.
Sein Vater war an Krebs gestorben. Ein ehrenwerter und fleißiger Geschäftsmann, ein
Millionär, der sich für sein Geld fast alles hätte kaufen können. Fast alles. Sein
dickes Bankkonto nur wollte ihm bei seiner Krankheit keine Hilfe sein...
Markus schneuzte sich. Und wieder drängte sich in ihm die Frage auf, ob er hier
wirklich alleine würde leben wollen. In diesem großen verlassenen Haus. Auch seine
Mutter lebte schließlich nicht mehr. Sie konnte den Verlust ihres Mannes nicht
überwinden und verstarb kurze Zeit später am gebrochenen Herzen. Verwandte hatte
Markus nicht, und eine feste Freundin war derzeit ebenfalls nicht in Sicht.
Er wollte wieder hinausstürzen, seinen Erinnerungen entfliehen. Doch da fiel sein
Blick auf eine verstaubte Ecke und blieb daran haften. Auf einem Beistelltisch lag ein
angefangenes Puzzle. An das Motiv erinnerte er sich nicht mehr. Unter all dem Staub
der vielen Jahre war es auch nicht besonders gut zu erkennen. Ihm fiel nur ein, daß
sein Vater es kurz vor seinem Tod begonnen hatte. Markus wischte sich eine Träne von
der Wange. Dieses Puzzle würde wohl nie fertig werden.
© by J. Heinrich Heikamp